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Onetti, Juan Carlos: GW, Bd. II. Das kurze Leben. Abschiede. Für ein Grab ohne Namen

Onetti Werke 2Onetti, Juan Carlos: GW, Bd. II. Das kurze Leben. Abschiede. Für ein Grab ohne Namen
[Romane] Herausgegeben von Jürgen Dormagen und Gerhard Poppenberg.
Aus dem Spanischen von Curt Meyer-Clason und Wilhelm Muster.
Die Übersetzungen wurde von Jürgen Dormagen und Gerhard Poppenberg unter Mitarbeit von Angelica Ammar (Das kurze Leben) vollständig revidiert.
Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2007. Gesammelte Werke in fünf Bänden. Band II. 633 S., Ln., SU, 34,00 €.
O: La vida breve. Buenos Aires 1930. | Los adioses. Buenos Aires 1954. | Para una tumba sin nombre. Montevideo 1959.
978-3-518-41896-3

Wie so viele Romane und Erzählungen Onettis ist auch der Roman „Das kurze Leben“, übersetzt von Curt Meyer-Clason, in der imaginäre Stadt Santa Maria, die eine Provinzausgabe von Montevideo und Buenos Aires zugleich sein könnte, angesiedelt. Hauptperson ist Juan María Brausen, ein kleiner Angestellter einer Werbeagentur, der in ein anderes Leben wechseln will. Nach dem Mord an seiner Nachbarin flieht Brausen in der Identität des Mörders und Zuhälters Arce nach Santa Maria, wo er den von ihm erfundenen Arzt Díaz Grey trifft. Onetti entwickelte die Geschichte auf verschiedenen Erzähl- und Wirklichkeitsebenen, die kunstvoll miteinander verwoben sind. Im Klappentext der Erstausgabe schrieb er: „Fürchten Sie nicht, es handelt sich hier um ein literarisches Experiment, wie man das Ausscheren aus bekannten Mustern verächtlich nennt. Es ist ganz einfach ein Roman, wie es sich gehört: eine geschmeidige, zusammenhängende und angenehme Erzählung, welcher der Leser mit gleichbleibend wacher Neugier von der ersten bis zu letzten Seite folgen wird.“ (S. 541)
Onetti erzählt in dem kleinen Roman „Abschiede“, übersetzt von Wilhelm Muster, die Geschichte eines Lungenkranken und dessen Liebe zu zwei Frauen. Aus der Perspektive des örtlichen Händlers, bei dem alle Informationen des Kurortes zusammentreffen, entwickeln sich dessen Beobachtungen und Phantasien zu einer neuen Realität. Erst das überraschende Ende bringt Aufklärung in die Mixtur aus Tatsachen und Spekulationen. Ein kleines Meisterwerk.
In der Geschichte „Für ein Grab ohne Namen“, übersetzt von Wilhelm Muster, die mit der Beerdigung einer bettelnden Prostituierten in Santa Maria beginnt, folgen dem Sarg nur ein Ziegenbock und der ehemalige Student Jorge Malabia. Virtuos verschachtelt und auf verschiedenen Ebenen wird von Onetti weitererzählt, so dass der Fortgang der spannenden Geschichte sich den Leserinnen und Lesern erst allmählich erschließt.

Die drei Romane, die hier in einer vollständig und gründlichen revidierten Übersetzung von Jürgen Dormagen, Gerhard Poppenberg und Angelica Ammar vorliegen, sind mit einem informativen Nachwort von Gerhard Poppenberg, mit einer editorischen Notiz und einem ausführlichen Anmerkungsapparat versehen, die den Leserinnen und Lesern hilft, sich im nicht immer einfachen Onettischen Kosmos zurechtzufinden.
Klaus Küpper (BzL)

Angelica Ammar, geboren 1972 in München, hat Romanistik und Ethnologie studiert. Sie übersetzt aus dem Spanischen und Französischen (u. a. Texte von Felisberto Hernández, Sergio Pitol, Mario Vargas Llosa, Guillermo Martinez, Gioconda Belli und Laura Alcoba) und hat bisher zwei Romane veröffentlicht. Angelika Ammar lebt in Barcelona.
Jürgen Dormagen arbeitete von 1984 bis zur seiner Pensionierung 2011 als Lektor im Suhrkamp Verlag, Er war dort zuständig für den Bereich der spanischen und lateinamerikanischen Literatur. Außerdem leitete er Seminare für den Deutschen Übersetzerfond. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit der „Übersetzerbarke“ des Verbandes deutschsprachiger Übersetzer. Zusammen mit Gerhard Poppenberg war er verantwortlich für er die gerade fertiggestellte Werkausgabe von Juan Carlos Onetti.
Curt Meyer-Clason wurde am 19.9.1910 in Ludwigsburg geboren. Er war gelernter Kaufmann und wurde in Brasilien von 1942 bis 1944 auf der Insel Ilha Grande als feindlicher Ausländer interniert. Hier entwickelte sich seine Leidenschaft für Literatur und wurde, zurückgekehrt in Deutschland, als Übersetzer und Herausgeber zum bedeutendsten Vermittler der lateinamerikanischen Literatur. Zu den Autoren und Autorinnen, die er durch seine Arbeiten im deutschsprachigen Raum erstmals bekannt machte, gehören u.a. Drummond de Andrade, Mário de Andrade, García Márquez, Lispector, Cabral de Melo Neto, Roa Bastos, Guimarães Rosa, Vallejo, sowie zahlreiche spanische und portugiesische Schriftsteller. Meyer-Clason starb am 14.1. in München.
Wilhelm Muster wurde am 12.10.1916 in Graz geboren. Er studierte u.a. Romanstik, Germanistik, Komparatistik und Geschichte in seiner Heimatstadt. Seit 1952 lebte Muster in Spanien und arbeitete an der Universität in Madrid als Lektor; übersetzte hier erstmals Spanische Literatur (u.a. Werk von Pio Baroja, Pérez de Ayala, Quevedo, Sender und de Unamuno) in Deutsche und wurde schließlich, zurückgekehrt in Graz, Lektor für spanische Sprache an der dortigen Universität. Muster, der auch Autor war, starb am 26.1.1994 in Graz.
Gerhard Poppenberg hat Philosophie, Religionswissenschaft, Romanistik, Germanistik und Literaturwissenschaft an der FU Berlin studiert. Er arbeitete zunächst als Autor für Rundfunk und Presse sowie als Übersetzer für verschiedene Verlage. Nach seiner Habilitation an der FU Berlin und verschiedenen Tätigkeiten an diversen Hochschulen ist er seit seit 2002 Lehrstuhlinhaber für Romanistik an der Ruprecht Karls-Universität Heidelberg. Seit 2005 arbeitet er gemeinsam mit Jürgen Dormagen an der Herausgabe der Gesammelte Werke von Juan Carlos Onetti.

Der Autor:

 
OnettiJC c SVJuan Carlos Onetti wurde am 1. Juli 1909 in Montevideo geboren.
Er arbeitete in seiner Jugend zunächst als Kellner, Portier und Verkäufer. Anfang der 30er Jahre lebte er zeitweise in Buenos Aires, später erneut von 1941 bis 1955. 1957 wurde er Direktor der Städtischen Bibliotheken von Montevideo, erhielt 1974 den Nationalpreis für Literatur und lebte seit 1975 im Exil in Madrid.
Seine Bedeutung als einer der größten Prosaautoren Lateinamerikas wurde relativ spät erkannt. Für Carlos Fuentes ist sein Werk das „Fundament der lateinamerikanischen Moderne". Viele seiner Bücher liegen mittlerweile übersetzt vor, sie sind besprochen in: BzL 2002/03 und den drei folgenden Verzeichnissen der Neuerscheinungen.
Dem Suhrkamp-Verlag ist es zu verdanken, daß jetzt eine weltweit erste Onetti-Werkausgabe erscheint und die Übersetzungen dabei neu durchgesehen, gründlich revidiert und um bisher Unveröffentlichtes ergänzt werden.
Juan Carlos Onetti starb am 30.5.1994 in Madrid.
(Foto: © Suhrkamp Verlag)

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