Onetti, Juan Carlos: GW, Bd IV: Der Tod und das Mädchen. Lassen wir den Wind sprechen. Wenn damals. Wenn es nicht mehr wichtig ist

[Romane] Herausgegeben und Überarbeitung der Übersetzungen von Jürgen Dormagen und Gerhard Poppenberg.
Aus dem Spanischen von Anneliese Botond, Jürgen Dormagen und Rudolf Wittkopf.
Berlin: Suhrkamp, 2015. Gesammelte Werke in fünf Bänden, Band IV. 662 S., Ln., SU, 58,00 €.
O: La muerte y la niña. Buenos Aires 1973. | Dejemos hablar al viento. Barcelona 1979. | Cuando entonces. Madrid 1987. | Cuando ya no importe. Madrid 1993.
978-3-518-42501-5
Der Roman „Der Tod und das Mädchen“ übersetzt von Jürgen Dormagen, führt die Leser und Leserinnen wieder in jenen imaginären Ort Santa María irgendwo an der Rio de la Plata-Mündung.
Zu dem Arzt Díaz Grey kommt der Notar Augusto Goerdel und erklärt ihm, dass er dafür sorgen wird, dass seine Frau die Geburt des gemeinsamen zweiten Kindes nicht überleben wird. Als seine Frau dann tatsächlich stirbt flieht Goerdel in die DDR, kehrt aber nach Jahren unter dem Namen Johannes Schmidt wieder nach Santa María zurück. Dort streitet er jegliche Schuld am Tod seiner Frau ab; scheitert jedoch mit ihren angeblichen Liebesbriefen, die er als Beweis vorgezeigt ... Ein Meisterwerk!
Der Vers „I have tried to write paradise | do not move | Let the wind speak | that is paradise“ von Ezra Pound stand Pate für den von Anneliese Botond übersetzten Roman „Lassen wir den Wind sprechen“. Die Handlung spielt In den Zwillingsstädten Santa María und Lavanda. Medina, ein Polizist aus Santa María verläßt die Stadt gemeinsam mit einem Schmuggler, den er eigentlich verhaften sollte und lebt nun auf der anderen Seite des Flusses in Lavanda. Bei Frieda von Kliestein findet er Unterkunft und durch ihre Vermittlung kann er sich mit kleinen dubiosen Arbeiten über Wasser halten. Das Verhältnis mit Frieda bringt ihn aber in eine unerträgliche Abhängigkeit aus der er schließlich flieht und wieder nach Santa María zurückkehrt. Medina scheitert bei seinem Versuch, seinen Sohn Seoane aus seiner Alkoholabhängigkeit zu befreien und tötet Frieda. Eine spannende und faszinierende Geschichte.
„Wenn damals”, übersetzt von Anneliese Botond, bisher unter dem Titel „Magda” erschienen, ist die Geschichte einer Prostituierten im Buenos Aires der fünfziger Jahre. Erzählt wird sie von Lamas, einen Journalisten, der sich in die junge Frau verliebt hatte. Ohnmächtig mußte er damals in dem Lokal Eldorado zusehen, wie sich die von ihm Angehimmelte von einem brasilianischen Offizier aushalten lies.
In seinem letzten Roman „Wenn es nicht mehr wichtig ist“, übersetzt von Rudolf Wittkopf, läßt Onetti die Protagonisten seiner übrigen Werke noch einmal auftreten. Selbstverständlich spielt auch diese Geschichte in jenem imaginären Ort Santa Maria. Geheimnisvoll wie die Stadt ist auch die Tätigkeit, die die Hauptperson Juan Carr in Santa Maria erledigen soll. Personen treten auf und verschwinden wieder: drei Gringos und eine Schwarze mit ihren Töchtern, mit denen Carr zusammenlebt, der Arzt Diaz Grey, Huren, Säufer und ein arabischer Geschäftsmann. Sie treffen zusammen in einer bedrohlichen, undurchschaubaren und endzeitlichen Welt ohne Sinn. Die Leserinnen und Leser tun gut daran, die Order des Autors zu Beginn des Romans zu beachten: „Personen, die versuchen, in dieser Erzählung ein Motiv zu finden, werden belangt. Personen, die darin eine Moral finden wollen, werden verbannt. Personen, die in ihr eine Handlung zu entdecken versuchen, werden erschossen.“ Aber was verboten ist ...
Die Romane, die hier in einer vollständig und gründlichen revidierten Übersetzung von Jürgen Dormagen und Gerhard Poppenberg vorliegen, sind mit einem informativen Nachwort von Gerhard Poppenberg, mit einer editorischen Notiz, einem Personenregister aus Santa María und einem ausführlichen Anmerkungsapparat versehen, insgesamt also einem Anhang, der den Leserinnen und Lesern hilft, sich im nicht immer einfachen Onettischen Kosmos zurechtzufinden.
Klaus Küpper (BzL)
Anneliese Botond, 1922 geboren, war Übersetzerin und Lektorin für lateinamerikanische und französische Literatur. Zu den Autorinnen und Autoren, die sie im deutschsprachigen Raum mit ihrer Arbeit bekannt machte, gehören Isabel Allende, Miguel Barnet, José Lezama Lima, Manuel Puig und nicht zuletzt Alejo Carpentier. Für die Übertragung der Werke des kubanischen Autors erhielt sie 1984 den Johann-Heinrich-Voß-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Anneliese Botond starb am 3.12.2006. (Qu. Wikipedia u.a.)
Jürgen Dormagen arbeitete von 1984 bis zur seiner Pensionierung 2011 als Lektor im Suhrkamp Verlag, Er war dort zuständig für den Bereich der spanischen und lateinamerikanischen Literatur. Außerdem leitete er Seminare für den Deutschen Übersetzerfond. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit der „Übersetzerbarke“ des Verbandes deutschsprachiger Übersetzer. Zusammen mit Gerhard Poppenberg war er verantwortlich für er die gerade fertiggestellte Werkausgabe von Juan Carlos Onetti.
Gerhard Poppenberg hat Philosophie, Religionswissenschaft, Romanistik, Germanistik und Literaturwissenschaft an der FU Berlin studiert. Er arbeitete zunächst als Autor für Rundfunk und Presse sowie als Übersetzer für verschiedene Verlage. Nach seiner Habilitation an der FU Berlin und verschiedenen Tätigkeiten an diversen Hochschulen ist er seit 2002 Lehrstuhlinhaber für Romanistik an der Ruprecht Karls-Universität Heidelberg. Seit 2005 arbeitet er gemeinsam mit Jürgen Dormagen an der Herausgabe der Gesammelte Werke von Juan Carlos Onetti.
Rudolf Wittkopf wurde am 5.8.1933 in Hamburg geboren. Er war zeitweise Verlagsleiter, Lektor und zunächst Übersetzer aus dem Englischen und Französischen. Wittkopf, der zeitweise in Spanien lebte, gehörte bald zu den bedeutendsten Übersetzern lateinamerikanischer Literatur, darunter vor allem der Werke von Julio Cortázar und Octavio Paz. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. 1987 mit dem Johann-Heinrich-Voß-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Wittkopf starb am 22.9.1997 in Straelen.
Der Autor:
Juan Carlos Onetti wurde am 1. Juli 1909 in Montevideo geboren.
Er arbeitete in seiner Jugend zunächst als Kellner, Portier und Verkäufer. Anfang der 30er Jahre lebte er zeitweise in Buenos Aires, später erneut von 1941 bis 1955. 1957 wurde er Direktor der Städtischen Bibliotheken von Montevideo, erhielt 1974 den Nationalpreis für Literatur und lebte seit 1975 im Exil in Madrid.
Seine Bedeutung als einer der größten Prosaautoren Lateinamerikas wurde relativ spät erkannt. Für Carlos Fuentes ist sein Werk das „Fundament der lateinamerikanischen Moderne". Viele seiner Bücher liegen mittlerweile übersetzt vor, sie sind besprochen in: BzL 2002/03 und den drei folgenden Verzeichnissen der Neuerscheinungen.
Dem Suhrkamp-Verlag ist es zu verdanken, daß jetzt eine weltweit erste Onetti-Werkausgabe erscheint und die Übersetzungen dabei neu durchgesehen, gründlich revidiert und um bisher Unveröffentlichtes ergänzt werden.
Juan Carlos Onetti starb am 30.5.1994 in Madrid.
(Foto: © Suhrkamp Verlag)
Titel:

Er arbeitete in seiner Jugend zunächst als Kellner, Portier und Verkäufer. Anfang der 30er Jahre lebte er zeitweise in Buenos Aires, später erneut von 1941 bis 1955. 1957 wurde er Direktor der Städtischen Bibliotheken von Montevideo, erhielt 1974 den Nationalpreis für Literatur und lebte seit 1975 im Exil in Madrid.
Seine Bedeutung als einer der größten Prosaautoren Lateinamerikas wurde relativ spät erkannt. Für Carlos Fuentes ist sein Werk das „Fundament der lateinamerikanischen Moderne". Viele seiner Bücher liegen mittlerweile übersetzt vor, sie sind besprochen in: BzL 2002/03 und den drei folgenden Verzeichnissen der Neuerscheinungen.
Dem Suhrkamp-Verlag ist es zu verdanken, daß jetzt eine weltweit erste Onetti-Werkausgabe erscheint und die Übersetzungen dabei neu durchgesehen, gründlich revidiert und um bisher Unveröffentlichtes ergänzt werden.
Juan Carlos Onetti starb am 30.5.1994 in Madrid.
(Foto: © Suhrkamp Verlag)
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