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Bolaño, Roberto: Mörderische Huren

Bolano HurenBolaño, Roberto: Mörderische Huren
Erzählungen. Aus dem Spanischen von Christian Hansen.
München: Hanser, 2014. 220 S., geb., 19,90 €.
O: Putas asesinas. Barcelona 2001.
978-3-446-24593-8

Frankfurt a. M.: S. Fischer, 2022. 220 S., br., 12,00 €

978-­3­-596­-18812-­3

Sehr verschiedene Charaktere mit sehr unterschiedlichen Lebensläufen, Schicksalen und Wünschen schildert Bolaño in seinen hier versammelten dreizehn Geschichten. Meist sind es Exilanten, Heimatlose, aus der Bahn geworfene Menschen auf der Suche nach ein bißchen Glück und Liebe. Vieles wird in der Ich-Form berichtet und erinnert an das Schicksal des Autors, der jahrelang in Mexiko lebte, kurz vor dem Putsch nach Chile kam und gleich wieder fliehen mußte, bevor er schließlich bis zu seinem Tod in Barcelona wohnte. Scheinbar teilnahmslos und unberührt von den traurigen oder dramatischen Ereignissen sind alle diese kurzen Episoden oder Teil-Lebensläufe geschildert. Sie brechen plötzlich unvermittelt ab und nur allmählich wird den Leserinnen und Lesern bewußt, nein, hier kommt kein dramatisches Ende mehr – geschweige denn so etwas wie ein Happy End.
So erzählt Bolaño vom traurigen Leben des chilenischen Fotografen Mauricio Silva, genannt El Ojo, einem schwulen Exilanten, den es längere Zeit nach Indien verschlägt, wo er kastrierte Jungen in seine Obhut nimmt, die als Kind einer Gottheit dargebracht wurden.
Ein anderer chilenischer Exilant, der für sein Buch einen Vorschuss erhalten hat, fährt kurz entschlossen nach Paris, vagabundiert dort auf den Spuren von Henry Levebre, reist nach Brüssel wo er eine alte Freundin trifft – das alles ziellos und ohne Ende.
Olegario Curas Mutter Connie Sánchez ist Pornodarstellerin. Die Filme werden von einem deutschen Produzenten in Kolumbien gedreht. Cura heißt er, weil sein Vater angeblich ein abtrünniger Pfarrer war - katholisch oder evangelisch? - egal. Der abgehalfterte Pornodarsteller Pajarito hat jedenfalls Angst, von dem Killer getötet zu werden. Aber dann reden die beiden von den alten Zeiten und Cura macht sich „behutsam aus dem Staub“.  
In „Die Wiederkehr“ erlebt der Ich-Erzähler seinen eigenen Tod, begleitet seine Leiche, wird Zeuge als sein Körper verkauft wird und der berühmte Modeschöpfer Velleneuve sich als Nekrophiler herausstellt, der sich an seinem Leichnam befriedigt.
Für die Brasilianerin Liza Do Elisa war es ganz selbstverständlich, dass die Erfolge der drei Fußballer auf Voodoo-Zauber und Candomblé-Riten zurückzuführen waren. Und wie zum Beweis ihrer Aussage hörte die Serie der Siege ja auch auf, als Buba beim einem Verkehrsunfall ums Leben kam.
Viel Vergnügen an diesen Geschichten aus der Hölle!
Klaus Küpper, BzL

Christian Hansen wurde 1962 in Köln geboren und studierte allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft in Berlin. Sein Handwerk als Übersetzer lernte er in der praktische Ausbildung als Redakteur bei der deutschsprachigen Ausgabe von Le Monde diplomatique und in der Berliner Übersetzerwerkstatt. Hansen übersetzt aus dem Spanischen. Er hat bisher u.a. Werke von Roberto Bolaño, Julio Cortázar, Alan Pauls und Sergio Pitol übersetzt. Bekannt wurde er durch seine preisgekrönte Übersetzung von Bolaños Roman „2666"; 2014 erhielt er den Europäischen Übersetzerpreis. 

Der Autor:

Bolano Roberto hf 3Roberto Bolaño wurde am 28. April 1953 in Santiago de Chile geboren.
Einen Teil seiner Jugend verbrachte er Mexiko. 1972 kehrte er nach Chile zurück, nach dem Militärputsch wurde er gefangen gehalten, konnte das Land aber dann verlassen. Nach dem Ende der Franco-Diktatur ging er 1977 nach Spanien, wo er als Hafenarbeiter, Kellner und Nachtwächter arbeitete. Seit den achtziger Jahren konnte er von den Preisgeldern literarischer Wettbewerbe leben. Roberto Bolaño starb am 17. Juli 2003 in Barcelona.
Seine Bedeutung als einer der begabtesten lateinamerikanischen Autoren der jüngeren Generation wird spät (auch im deutschen Sprachraum) erkannt. Für sein Werk „Die wilden Detektive" erhielt er den Premio Rómulo Gallegos, einen der angesehensten lateinamerikanischen Literaturpreise. Auf Deutsch liegen u. a. vor: „Die Naziliteratur in Amerika", „Stern in der Ferne", „Amuleto", „Telefongespräche", „Lumpenroman". Sein Hauptwerk „2666" wurde bereits kurz nach Erscheinen als Jahrhundertwerk gepriesen.
(Foto: © The Estate of Roberto Bolaño)

Titel:
Cowboygräber

Die Eisbahn
Monsieur Pain
Telefongespräche
Der Geist der Science-Fiction
Die wilden Detektive
Die romantischen Hunde
Der unerträgliche Gaucho
Mörderische Huren
Das dritte Reich
Die Naziliteratur in Amerika 
Lumpenroman (Hörbuch)
Lumpenroman 
Stern in der Ferne
Chilenisches Nachtstück
Amuleto 
Die Nöte des wahren Polizisten
2666
Die Cowboy-Gräber