Zum 150. Geburtstag von Mariano Azuela
Zum 150. Geburtstag von Mariano Azuela
Mariano Azuela González wurde am 1. Januar 1873 in Lagos de Moreno im mexikanischen Bundesstaat Jalisco geboren.
Nach seinem Studium der Medizin an der Universidad de Guadalajara arbeitete Azuela ab 1899 als Arzt in seiner Geburtsstadt. Während dieser Zeit beschäftigte er sich bereits mit Literatur, schrieb drei Romane, die, angeregt durch seine Erfahrungen als Arzt und seine Jugenderinnerungen, thematisch das Elend und die Ausbeutung der Zivilbevölkerung, ihre Sitten und Sprache behandelten. Nach Beginn der Revolution nahm er unter der Führung von Francisco Madero an den Kämpfen gegen die Diktatur Porfirio Díaz' teil. Nach Maderos Ermordung kämpfte er als Stabsarzt in den Revolutionstruppen um Pancho Villa und Emiliano Zapata. 1915 ging er ins Exil nach El Paso.
Hier beendete er seinen berühmten Roman Los de abajo, der in El Paso zunächst als Fortsetzungsroman in einer spanischsprachigen Zeitung erschien. Ein Jahr später, also noch während der Revolution, erschien der Roman in Buchform mit dem Untertitel Cuadros y escenas de la Revolución actual, mit dem sein zeugnishafter Charakter (Klaus Jetz) besonders hervorgehoben wurde.
Demetrio Macías, ein Rebell in der mexikanischen Revolution, ist die Hauptgestalt des Romans. Sein Weg und der seiner Mitstreiter in den Wirren dieser Zeit, ihre Gedanken und ihre sehr unterschiedlichen Motive hat Azuela kunstvoll mit einer spannenden Handlung verknüpft.
„… In schneller Bildfolge und knappen, lebendigen Dialogen zeichnet A. den Siegeszug und Untergang einer zusammengewürfelten Freischar verelendeter Bauern und Opfer der Justiz, aber auch Abenteurer, Dirnen und Verbrecher. Die Handlung umfasst ungefähr die Zeit von 1913 bis Juni 1915 als sich Villas Heer nach der Niederlage gegen Obregón aufzulösen begann. Demetrio Macías, der nach der Eroberung von Zacatecas zum General ernannte Anführer dieser Truppe, wird mit seinen letzten Getreuen von anderen Revolutionären an der Stelle überfallen und getötet, wo er zwei Jahre zuvor seinen ersten Sieg errungen hatte.“ (Dieter Reichardt, 1992)
Azuela erwähnt in seinem Roman außer Emiliano Zapata alle bedeutenden Revolutionsgeneräle. Sie greifen jedoch nicht in die Handlung ein. Andererseits stellt er verschiedene revolutionäre Typen vor: den kleinen Landbesitzer, der in der vorrevolutionären Gesellschaft keine Entwicklungsmöglichkeiten für sich sieht, den landlosen Bauern, der unter sklavenähnlichen Verhältnissen für einen Großgrundbesitzer arbeitet, den Tagedieb, der sich auf der Flucht vor der Justiz befindet, den Studenten, der sich aus Idealismus den Rebellen anschließt, den Deserteur, der wegen der Misshandlung durch seine Vorgesetzten die Seiten wechselt u.v.m. Sie alle versprechen sich durch die Revolution eine Verbesserung ihrer Verhältnisse.“ (Klaus Jetz, Rez. in ila Nr. 340, 2010.)
Der Roman, der bis heute als bedeutendster der weit über 200 Revolutionsromane gilt, wurde bereits 1930 von dem späteren Völkerkundler Hans Dietrich Disselhoff unter dem Titel „Die Rotte“ übersetzt, bevor aus Anlass des hundertsten Jahrestages des Beginns der mexikanischen Revolution 2010 eine Neuübersetzung unter dem Titel „Die Rechtlosen“ von Klaus Jetz erschien.
Azuela arbeitete weiter als Arzt und zusammen mit Los de abajo stellen seine weiteren literarischen Werke „ein eindrucksvolles Porträt der mexikanischen Gesellschaft zur Zeit der Revolution dar, also der ersten bedeutenden sozialen Umwälzung im 20. Jahrhundert, die den Grundstein des modernen Mexiko legte und deren Hoffnungen und Enttäuschungen noch heute maßgeblichen Einfluss auf die mexikanische Politik und Gesellschaft nehmen.“ (Klaus Jetz, a.a.O.)
Mariano Azuela starb am 1.3.1952 in Mexiko-Stadt.
Klaus Küpper, Lateinamerikaarchiv
(Fotos der broschierten und gebundenen Erstausgaben: © Lateinamerikaarchiv)