Lygia Fagundes Telles verstorben
Die brasilianische Autorin von zahlreichen Romanen und Erzählungen war studierte Juristin und arbeitete lange als Journalistin. Ihre Prosa, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, zeichnete sich vor allem „durch psychologische Sensibilität und analytische Schärfe“ aus. (Reichardt 1992)
Neben zahlreichen Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien erschien in deutscher Übersetzung zunächst eine Sammlung mit unheimlichen Erzählungen („Die Struktur der Seifenblase,“ Frankfurt/M. 1983).
1984 folgte die Übersetzung ihres bekanntesten Romans As meninas von 1973 (dt. „Mädchen am blauen Fenster“. Der Roman spielt in der Zeit der Militärdiktatur und erzählt aus wechselnden Perspektiven die Geschichte von drei jungen Frauen, die aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten stammen, die unfähig sind, in der prekären politischen Situation ihr allen gemeinsames Schicksal zu begreifen.
Der 1994 erschien der Roman „Nackte Stunden“ (As horas negras [1989]) erzählt vom „Leben der alternden, dem Alkohol verfallenen Schauspielerin Rosa Ambrósio, die nicht abtreten kann und nicht will und auf der Suche nach dem vergangenen Ruhm ihrer Auftritte nur immer tiefer in die Einsamkeit gerät“. (Ray-Güde Mertin)
Lygia Fagundes Telles, die sich als politische Autorin verstand und früh gegen die Militärdiktatur in ihrem Land engagierte, wurde 1985 (als dritte Frau) in die Academia Brasileira de Letras aufgenommen.
(Figur von Zé Andrade © Foto K. Küpper)
Am 3. April 2022 ist sie in ihrer Geburtsstadt São Paulo, zwei Wochen vor der Vollendung des 99. Lebensjahres verstorben.