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Zum 100. Geburtstag von Augusto Monterroso

img720Augusto Monterroso wurde am 21.12.1921 in Tegucigalpa/Honduras geboren. Seine Mutter stammte aus Honduras, der Vater war Guatemalteke. Nach eigener Aussage hat er die Grundschule nie abgeschlossen und arbeitete von seinem 16. bis 22. Lebensjahr in einer Fleischerei. In dieser Zeit begann er durch intensives Lesen in der Staatsbibliothek von Guatemala und heimlich während der Arbeit sein mangelhaftes Wissen nachzuholen. „Den Zauberberg [von Thomas Mann] ersteigen, während ich an mir die Rindshaxen vorbeiziehen sah, war wunderbar.“
Später studierte er Philosophie, lehrte Literaturwissenschaft und arbeitete als Diplomat für sein Land in Mexiko und Bolivien. Nach dem Sturz der Regierung Arbenz lebte er im Exil in Chile bevor er sich endgültig in Mexiko niederlies. Neben vielen anderen Preisen erhielt er 1996 den höchstdotierten Literaturpreis Lateinamerikas, den Juan-Rulfo-Preis. Monterroso starb am 7.2.2003 in Mexico-Stadt.

Monterrosos Kurzprosa wurde rasch in viele Sprachen übersetzt; Im deutschsprachigen Raum wurde sein Werk allerdings erst spät entdeckt. 1969 erschienen zwei microcuentos in dem Sammelband, der in seinem Titel bereits auf eine seiner bekanntesten Erzählungen hinweist: Um dem geplanten Tod auf dem Opferstein zu entgehen drohte Bruder Bartolomé den Indianern mit einer Sonnenfinsternis. Pech für ihn, denn das war für die Mayas mit ihrem präziesen Kalender keine bedrohliche Neuigkeit ... (siehe „Die Sonnenfinsternis und andere Erzählungen aus Mittelamerika“)
1973 erschien in Zürich „Das gesamte Werk und andere Fabeln“, das trotz seines Titels auf 67 Seiten nur eine kleine Auswahl aus zwei Original-Veröffentlichungen enthielt. Diese Sammlung ist dann, vermehrt um 13 weitere Erzählungen, auch in dem Bändchen „Der Frosch, der ein richtiger Frosch sein wollte“ 1977 (2. Aufl. 1986) im Reclam-Verlag in Leipzig erschienen.
Von der klassischen Fabel, wie wir sie aus Antike kennen, übernimmt Monterroso häufig Tierfiguren als Protagonisten. Bei ihm agieren Grille, Löwe, Esel, Rabe, Pferd, Schwein und Hund. Und ganz selbstverständlich erzählt die Schildkröte bei der Pressekonferenz nach ihrem Sieg über Achilles von der ständigen Angst, die sie hatte, doch noch kurz vor dem Ziel überholt zu werden. Alle Kurz- und Kürzestgeschichten kommen ohne erhobenen Zeigefinger aus und unterscheiden sich so wohltuend von den lehrhaften und belehrenden Fabeln, wie wir sie etwa von La Fontaine kennen; Monterroso behält von diesem Genre allerdings den Witz und die Ironie. Es sind allesamt kleine Satiren, viele einmal oder zweimal „um-die-Ecke-gedachte“ amüsante Texte.
"Ich empfehle Ihnen: Hände Hoch“, schreibt G. García Márquez, „wenn Sie dieses Buch lesen! Seine Gefährlichkeit beruht auf seiner hintergründigen Weisheit und der tödlichen Schönheit des Ernstes im Unernst."
Neben den beiden Anthologien erschien 1992 im Aufbau-Verlag die deutsche Übersetzung einer hintergründigen Parodie auf den Literaturbetrieb, auf dessen aufgeblasenes Geschwätz und Wichtigtuerei: „Reif sein ist alles und der Rest ist Schweigen“ (Lo demás es silencio. La vida y la obras de Eduardo Torres). Seit 2011 liegt nun endlich eine (von Henning Wagenbreth wunderschön illustrierte) vollständige Übersetzung der Fabeln („Das Schwarze Schaf und andere Fabeln“) auf Basis der Originalausgabe von 1969 vor. 2016 erschien schließlich, ebenfalls im Insel-Verlag, der Band „Gesammelte Werke (und andere Geschichten)“, der alle Erzählungen aus Obras completas (y otros cuentos) vollständig und in neuer Übersetzung (von Svenja Becker) enthält.

Vielleicht ist der runde Geburtstag Anlass für eine Neuauflage, denn alle genannten Ausgaben sind nur noch antiquarisch zu finden.