Piglia, Ricardo: Ins Weiße zielen

[Roman] Aus dem argentinischen Spanisch von Carsten Regling.
Berlin: Wagenbach, 2010. 252 S., geb., 19,90 €.
O: Blanco nocturno.
978-3-8031-3232-1
So beginnen die traditionellen Kriminalromane: ein Ermordeter im Hotelzimmer, ein dringend Tatverdächtiger, ein unbestechlicher Kommissar, ein zwielichtiger Staatsanwalt. Also alles vorhanden. Doch wer von Piglia schon einiges gelesen hat, wird wohl kaum annehmen, daß er sich mit den klassischen Zutaten und dem üblichen „Wer-war´s“-Finale dieses Genres zufrieden geben wird.
Zunächst scheint alles einfach: der in das Pampakaff zugereiste Gringo Tony Durán wird erstochen in seinem Hotelzimmer gefunden. Ein Tatverdächtiger ist schnell gefunden und der Fall scheint klar: „Der Jap´s wars.“ Doch obwohl Kommissar Croce den japanischstämmigen Yoshio Dazai verhaftet, ermittelt er weiter und läßt sich auch von dem Staatsanwalt Cueto nicht ablenken, der offensichtlich andere, undurchsichtige Interessen hat. Welche Rolle spielen die Belladonna-Zwillingsschwestern mit denen der Ermordete eine ménage á trois angefangen hatte, ihr Bruder Luca und der Vater in dem Fall, in dem es offensichtlich um eine größere Geldtransaktion ging? Schließlich wurden 100 000 Dollar in der Nähe des Tatorts gefunden. Dem Staatsanwalt gelingt es, den eigenwilligen Kommissar in die Psychiatrie einweisen zu lassen. Doch der Journalist Renzi aus der Hauptstadt verfolgt die Angelegenheit weiter und bringt Licht in den verworrenen Fall ...
Piglia begnügt sich in seinem Bericht (?) nicht mit dem spannenden Handlungsverlauf aus mehreren Erzählperspektiven. Er ergänzt seinen Roman (?) mit zahlreichen informativen Anmerkungen zu historischen und politischen Hintergründen, läßt die Protagonisten Autoren wie Dostojewski, Kierkegaard und Thomas Mann zitieren und auch eine gerechte Lösung des Falles stellt sich am Schluß nicht ein.
Und der Kommissar sitzt in der Nervenheilanstalt und philosophiert: „... es stimmt nicht, daß die Verbrechen aufgeklärt werden ... wir ... versuchen ins Schwarze zu treffen und liegen doch immer daneben.“
Unbedingt lesen!
Klaus Küpper, BzL
Der Übersetzer Carsten Regling, geboren 1970 in Göttingen, studierte Lateinamerikanistik, Soziologie und Ethnologie in Berlin. Er ist Übersetzer aus dem Spanischen und Lektor. Er übertrug u. a. Werke von Ricardo Piglia, Manuel Vásquez Montalbán, Miguel Ángel Hernández und Roberto Ampuero. Der Autor und Lektor Carsten Regling lebt in Berlin.
Der Autor:
Ricardo Piglia wurde am 24.11.1941 in Adrogué, Provinz Buenos Aires geboren. Nach dem Studium der Geschichte wurde er Mitherausgeber und Literaturkritiker für verschiedene Zeitschriften. Von 1986 bis 1990 lebte er vorwiegend in den USA, wo er u. a. in Princeton und Harvard argentinische Literatur unterrichtete. Piglia ist Autor von Erzählungen, Romanen, Drehbüchern und Essays.
In deutscher Übersetzung erschienen bisher die Romane „Die abwesende Stadt“ (La ciudad ausente).1994, „Brennender Zaster“ (Plata quemada). 2001, „Künstliche Atmung“ (Respiración artificial). 2002, „Falscher Name“ (Nombre falso). 2003 und „Ins Weiße zielen“ (Blanco nocturno). 2010. Außerdem wurden zwei Auswahlbände mit Erzählungen „Kurzformen“ (Formas breves). 2007 und „Der Goldschmied“ (Auswahl aus: La invasión/Nombre falso). 2010 ediert sowie ein Essay-Band „Der letzte Leser“. 2010.
In deutscher Übersetzung erschienen bisher die Romane „Die abwesende Stadt“ (La ciudad ausente).1994, „Brennender Zaster“ (Plata quemada). 2001, „Künstliche Atmung“ (Respiración artificial). 2002, „Falscher Name“ (Nombre falso). 2003 und „Ins Weiße zielen“ (Blanco nocturno). 2010. Außerdem wurden zwei Auswahlbände mit Erzählungen „Kurzformen“ (Formas breves). 2007 und „Der Goldschmied“ (Auswahl aus: La invasión/Nombre falso). 2010 ediert sowie ein Essay-Band „Der letzte Leser“. 2010.
Ricardo Piglia ist am 6.1.2017 in Buenos Aires verstorben.
Titel:
Munk
Ins Weiße zielen
Der Goldschmied
Der letzte Leser
Titel:
Munk
Ins Weiße zielen
Der Goldschmied
Der letzte Leser