González, Tomás: Die Teufelspferdchen

Roman. A. d. Span. übersetzt von Peter und Ofelia Schultze-Kraft unter Mitarbeit von Rainer Schultze-Kraft. Nachwort: Peter Schultze-Kraft.
Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch Verlag, 2012. TB 18478. 174 S., kt., 8.99 €.
O: Los caballitos del diablo.
978-3-596-18478-1
Damals, 1971, als Medellín noch eine kleine, von ein paar Dörfern umgebene Stadt war, hatte der namenlose Protagonist dieses Romans die kleine Finca erworben. Heute „rinnt ein stinkender Fluss in einem Zementbett, und an windstillen Tagen ballt sich zwischen den hohen Berger der Rauch" und wenn der Wind die Rauchwolke wegfegte, sah die Stadt „eine einzige ungestalte, gelbbraune Masse."
So beginnt die Geschichte. Die kleine Finca wird zum Lebensinhalt des neuen Besitzers. Seine gesamte Arbeit ist auf den Ausbau des Anwesens gerichtet. Seine Frau Pilar übernimmt die Verschönerung des Hauses mit immer neuen Gemälden aus Kacheln und Wandteppichen. Er ist ständig dabei, neue Pflanzen und Blumen zu züchten. Die Außenwelt besteht im Wesentlichen nur aus Familienangehörigen, seinen Brüdern Emiliano und J., sowie dem Anwalt Ariel. Ansonsten heißt es in sich wiederholenden, ähnlich lautenden Formulieren nur: „In den Cafés unten redeten die Menschen von Morden, geplatzten Wechseln, Prozenten. Die Ananasverkäufer, unerschütterliche Engel inmitten einer verängstigten Menge, schnitten die Ananasse mit ihren blitzenden Messern in Scheiben. Die Hersteller von Grabschmuck verbanden in ihren Kränzen Flamingoblumen mit Lilien, Nelken mit Margariten, während sich in den Vorhöfen der Kirchen die Losverkäufer scharten." Bald werden die Helfer beim Ausbau nicht mehr benötigt, die Finca öffnet Besuchern nur noch sehr willkürliche ihre Tore und nachdem die riesige Lehmmauer fertiggestellt ist, besteht der Kontakt bald nur noch über die beiden schulpflichtigen Kinder, die die nicht mehr ganz aktuellen Nachrichten von draußen hereinbringen. „Sag mal, was machen die da eigentlich? Den ganzen Tag oben auf der Finca?" fragen verwundert die Nachbarn, „stell dir vor, sie malt ihn und hängt die Porträts überall auf ... er ist den ganzen Tag draussen, grün wie die Pflanzen, hat Gummistiefel und ein altes Hemd an und säubert die Pflanzung mit der Machet oder hackt Unkraut." Der Roman verrät nicht, was den Protagonisten treibt, der sich mit seiner unermüdlichen Arbeit ein Paradies zu schaffen suchte und ob es wirklich ein Paradies war: „Manchmal vergehen viele Stunden, ohne dass auf den vier Hektar eine menschliche Stimme zu hören ist. Aber fast die ganze Zeit ist angefüllt mit dem Klang ... der Machete, dem Singen der Vögel, und mittendrin hört man ihn wie ein Tier zwischen den abgehauenen Ästen rascheln."
Klaus Küpper, BzL
Der Autor:
Tomás González wurde 1950 in Medellín geboren. Er studierte Philosophie und übte danach verschiedene Beruf aus. 19 Jahre lang lebte als Journalist ind New York bevor er 2002 nach Kolumbien zurückkehrte. Er ist Autor von Prosa und Lyrik. In deutscher Übersetzung erschienen bisher sechs Romane („Horacios Geschichte“, „Die Teufelspferdchen“, „Am Anfang war das Meer“, „Die versandete Zeit“, „Das spröde Licht“ und „Was das Meer ihnen vorschlug“), zwei Bände mit Erzählungen („Carola Dicksons unendliche Reise“ und "Die stachelige Schönheit der Welt") sowie ein Band mit Gedichten („Mangroven“).
Tomás González lebt zurückgezogen am und (in einem Hausboot) auf dem Stausee von Guatapé, zwei Stunden von Medellín entfernt.
(Foto: © Markus Schultze-Kraft)
Titel:
Der Untergang des Pazifiks
Was das Meer ihnen vorschlug
Mangroven – Manglares
Die Teufelspferdchen
Das spröde Licht
Horacios Geschichte
Die versandete Zeit
Am Anfang war das Meer
Die stachelige Schönheit der Welt