[Karibik] Biloa Onana, Marie: Der Sklavenaufstand von Haiti 1791

Etnische Differenz und Humanitätsideal in der Literatur des 19. Jahrhunderts
Wien, Köln, Weimar: Böhlau, 2010. 217 S., br., 32,90 €.
978-3-412-20453-2
Seit Ende des 18. Jahrhunderts setzten sich die deutschen Literaten der Aufklärung kritisch mit der Sklaverei auseinander. Der Aufstand der SklavInnen in Saint Domingue ab 1791 löste dann einen wahren Boom deutschsprachiger Romane, Erzählungen und Theaterstücke zu diesem Thema aus. Auch wenn sich die AutorInnen darin vordergründig als KritikerInnen der Sklaverei präsentieren, zeigt Marie Biloa Onana in ihrer Dissertation, dass diese Prosatexte und Theaterstücke das System der Sklaverei nicht grundsätzlich in Frage stellten. Sie unterschieden vielmehr zwischen schlechten und guten Sklavenhaltern, wobei sie nur gegen Erstere etwas einzuwenden hatten.
Nach der endgültigen Niederlage der französischen Kolonialtruppen in Haiti Ende 1803 publizierten ehemalige Sklavenhalter oder Angestellte der Kolonialverwaltung in Frankreich Bücher, die ihre Sicht der Ereignisse und die Ursachen des „Desasters", sprich des Verlustes der Kolonie, darlegten. Biloa Onana bezeichnet diese Bücher als „historisch-dokumentarische (Propaganda-) Schriften", in denen vor allem die Grausamkeit der Schwarzen hervorgehoben wurde. Mehrere dieser Bücher wurden auch ins Deutsche übersetzt und dienten den hiesigen Literaten als Quelle für ihre Werke über Haiti. Entsprechend kritisch bis diffamierend war die Darstellung der schwarzen Revolutionäre. Neben vier deutschen Werken von Auguste Caroline Fischer, Johann Friedrich Ernst Albrecht, Theodor Mügge und Heinrich von Kleist analysiert Marie Biloa Onana auch Victor Hugos „Bug-Jargal" und „Stella" von Emeric Bergeauds, den ersten haitianischen Roman. Ein höchst anregendes und fundiertes Buch über die Konstruktion rassistischer und kolonialistischer Diskurse.
Gert Eisenbürger, BzL