[Chile] Fischer, Karin: Ein Klasse für sich

Besitz, Herrschaft und ungleiche Entwicklung in Chile 1830-2010
Baden Baden: Nomos, 2011. Studien zu Lateinamerika, Bd. 9. 205 S., br., 39,00 €.
978-3-8329-6135-0
Dieses Buch analysiert die chilenische Wirtschaftsgeschichte aus einer neomarxistischen Perspektive. Untersucht wird, welche Rolle den "besitzenden Klassen" seit der Unabhängigkeit Chiles mit der Herausbildung eines kapitalistischen Systems zukam. Die Autorin unterscheidet dabei vier Phasen: das "liberale Jahrhundert" (1830-1930) mit der Expansion Englands, dem Salpeterboom und dem Beginn des Industriekapitalismus; die "binnenorientierte Entwicklung" (1930-1973); die neoliberale Transformation unter der Pinochet-Diktatur (1973-1989); und den "demokratischen Neoliberalismus" seit 1990. Sie legt dabei dar, wie es der chilenischen Wirtschaftselite gelang, trotz interner Auseinandersetzungen unter unterschiedlichen politischen Konstellationen und (welt-)wirtschaftlichen Einflüssen ihre Macht zu sichern, obwohl es sich um ein heterogene Gruppe von Goßgrundbesitzern, Finanz- und Handelsburgeoisie handelte. Dazu trugen u.a. die zahlreichen Verflechtungen untereinander, die direkte politische Einflussnahme - bis hin zur Beteiligung des Edwards-Clans an den Staatsstreichen 1891 und 1973 - und die Flexibilität gegenüber neuen weltwirtschaftlichen Entwicklungen bei. Eine ausführliche dokumentierte Studie (mit 250 Anmerkungen), ergänzt durch mehrere Übersichtstabellen über die wirtschaftlichen Verflechtungen der "Klasse für sich".
Christoph Dietz, BzL