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Julio Cortázar. Fantomas gegen die multinationalen Vampire

FantomasJulio Cortázar. Fantomas gegen die multinationalen Vampire
und andere Erzählungen aus und über Lateinamerika
Hrsg. von Ralph Doege, Christiane Barnaházi und Jürgen Schütz.
Übersetzt von Christiane Barnaházi u. a.
Wien: Septime Verlag 2009. Perspektivenwechsel Nr. 1. 232 S., kt., 16,50 €.
978-3-902711-00-7

Diese außergewöhnliche Anthologie enthält eine Reihe von hier erstmals übersetzten und bisher unveröffentlichten Texten aus Lateinamerika. Es kommt schon einer kleiner Sensation gleich, daß beinahe zeitgleich mit dem Aufsatz von Anna Gentz über die „fremdgehenden" Literaten (nämlich die, die auch mal einen Comic texten)*, der dort ausführlich vorgestellte Comic (oder Graphic Novel, wie es mitunter heißt) von Julio Cortázar in der Anthologie des kleinen Wiener Verlags erstmals übersetzt erscheint. Cortázar war Mitglied des II. Russel-Tribunals und porträtierte sich in der Geschichte Fantomas contra los Vampiros Multinationales als Ich-Erzähler und gleichzeitig als einer der handelnden Protagonisten (Juan Carlos Onetti, Susan Sonntag, Octavio Paz und Alberto Moravia spielen auch mit). Die Horrorvision von den auf den ganzen Welt verschwindenden Bibliotheken und dem (vergeblichen) Kampf der alten Comicfigur Fantomas gegen die dahinterstehende geheimnisvolle Macht ist eine amüsante Kombination von Comic-Strip, entliehenen Abbildungen und Prosatext. Cortázar hatte sich schon früher auf „grenzüberschreitende" Experimente eingelassen („Reise um den Tag in 80 Welten", „Im Silvaland", „Letzte Runde" u.a.) in denen er seine Texte mit entlegenen, merkwürdigen und manchmal surreale Abbildungen und Collagen kombinierte. Der kleine Aufsatz von Claudia Weber erläutert die Geschichte und ihre Hintergründe, während der wiederabdruckte Aufsatz von García Márquez über Cortázar als jemanden schreibt, „der es fertig brachte, daß alle ihn liebten."
Die kleine empfehlenswerte Anthologie enthält fernen Erstübersetzungen in Prosa von Roberto Bolaño, der sicher nicht mehr vorgestellt werden muß, seiner Landsfrau Guadelupe Santa Cruz, dem Mexikaner Juan Villoro und dem Peruaner Santiago Roncagliolo. Ein Auszug aus Cabrera Infantes „Die drei traurigen Tiger" ergänzt das Panorama der lateinamerikanischen Texte. Prosaarbeiten von
Alban Nicolai Herbst, Matthias Politycki und Keto von Waberer, runden den kleinen Band ab. Insgesamt eine aus der Menge der meist wenig beachteten Anthologien herausragende Veröffentlichung, der viele Leser zu wünschen sind.
* in Sonderband Text + Kritik: Comics, Mangas, Graphic Novels. München 2009. S. 232ff.
Klaus Küpper, BzL