Luiselli, Valeria: Die Schwerelosen
Luiselli, Valeria: Die Schwerelosen
Roman. Aus dem Spanischen von Dagmar Ploetz.
München: Antje Kunstmann Verlag, 2013. 190 S., geb., SU, 16,95 €.
O: Los ingrávidos. Mexico 2011.
978-3-88897-819-7
„In diesem Haus hier wohnen wir zwei Erwachsenen, das Baby und das mittlere Kind (das so heißt, weil es zwar das älteste, aber noch klein ist).“ Die namenlose Schriftstellerin und Mutter, die diesen Roman erzählt, sagt auf die Frage des mittleren Kindes: „Ich schreibe, einfach.“ Es soll ein schweigsamer Roman werden – „um die Kinder nicht zu wecken“. Ihr Mann schreibt Filmdrehbücher und Werbung und liest heimlich das Manuskript seiner Frau. Dann fragt er eifersüchtig: „Wer ist Moby?“
Moby, der Drucker und Dakota, die Sängerin waren Bekannte und Freunde der Schriftstellerin als sie noch in New York wohnte und in einem kleinen Verlag arbeitete. Diese Zeit, an die sie mit Wehmut zurückdenkt, ist Gegenstand ihres Romans. Der Chef des Verlags ist auf der Suche nach einem Bestseller und sehr enttäuscht, als er feststellt, dass seine mexikanische Mitarbeiterin offensichtlich die einzige Lateinamerikanerin ist, die nicht mit Bolaño befreundet war. Da entdeckt sie durch Zufall die Briefe eines mexikanischen Schriftstellers, eines gewissen Gilbert Owen, der sich in den dreißiger Jahren mit García Lorca in New York herumtrieb. Um den Verlagsleiter zu überzeugen, Werke von diesem vergesssenen Autor zu edieren, fälscht sie ältere Ausgaben mit Hilfe von Moby und behauptet, die Übersetzungen wären von Zvorsky. Das Buch erscheint, wird ein Erfolg und die zahlreichen Besprechungen „beglaubigen“ sozusagen die Echtheit.
Ihre intensiven Forschungen nach Owen führen dazu, dass sie sich immer mehr in die Person des Autors hineinversetzt. Schließlich glaubt sie sogar, ihn in einer gegenüber fahrenden U-Bahn gesehen zu haben. Allmählich vermischen sich in dem Roman die Erzählungen der beiden Protagonisten: nicht mehr sie erzählt, sondern Owen. Und er erzählt von seinem elenden Leben in New York und Philadelphia. Dabei sieht er sie nun ebenfalls durch die Scheiben der Subway – getrennt nur durch ein paar Jahrzehnte ... Du mußt Dich an die Zukunft erinnern, sagt ein Freund zu ihm.
Der Roman ist ein wundervolles Wechselspiel mit unterschiedlichen Perspektiven und Zeitebenen und Fiktion und Wirklichkeit. Er besteht aus einem Puzzle aus kleinen und kleinsten meist humorvollen Episoden, die vor allem die Momente des Schreibprozesses der Autorin im Alltag mit ihrer Familie betreffen. „Ein horizontaler Roman“ soll es werden, sagt die Autorin an einer Stelle, „vertikal erzählt. Ein Roman, der von außen geschrieben werden muß, damit man ihn von innen heraus lesen kann.“
Viel Vergnügen!
Klaus Küpper, BzL
Dagmar Ploetz wurde am 12.9.1946 in Herrsching geboren. Sie hat Germanistik und Romanistik in München studiert und als Journalistin und Lektorin gearbeitet. Sie ist Übersetzerin aus dem Spanischen und hat für ihre Arbeit mehrere Preise erhalten. Zu ihren Übersetzungen lateinamerikanischer Literatur gehören u. a. Werke von Isabel Allende, Gabriel García Márquez, Valeria Luiselli, Rodolfo Fogwill, Juan Rulfo und Gioconda Belli. Dagmar Ploetz lebt in München.
Die Autorin:
Roman. Aus dem Spanischen von Dagmar Ploetz.
München: Antje Kunstmann Verlag, 2013. 190 S., geb., SU, 16,95 €.
O: Los ingrávidos. Mexico 2011.
978-3-88897-819-7
„In diesem Haus hier wohnen wir zwei Erwachsenen, das Baby und das mittlere Kind (das so heißt, weil es zwar das älteste, aber noch klein ist).“ Die namenlose Schriftstellerin und Mutter, die diesen Roman erzählt, sagt auf die Frage des mittleren Kindes: „Ich schreibe, einfach.“ Es soll ein schweigsamer Roman werden – „um die Kinder nicht zu wecken“. Ihr Mann schreibt Filmdrehbücher und Werbung und liest heimlich das Manuskript seiner Frau. Dann fragt er eifersüchtig: „Wer ist Moby?“
Moby, der Drucker und Dakota, die Sängerin waren Bekannte und Freunde der Schriftstellerin als sie noch in New York wohnte und in einem kleinen Verlag arbeitete. Diese Zeit, an die sie mit Wehmut zurückdenkt, ist Gegenstand ihres Romans. Der Chef des Verlags ist auf der Suche nach einem Bestseller und sehr enttäuscht, als er feststellt, dass seine mexikanische Mitarbeiterin offensichtlich die einzige Lateinamerikanerin ist, die nicht mit Bolaño befreundet war. Da entdeckt sie durch Zufall die Briefe eines mexikanischen Schriftstellers, eines gewissen Gilbert Owen, der sich in den dreißiger Jahren mit García Lorca in New York herumtrieb. Um den Verlagsleiter zu überzeugen, Werke von diesem vergesssenen Autor zu edieren, fälscht sie ältere Ausgaben mit Hilfe von Moby und behauptet, die Übersetzungen wären von Zvorsky. Das Buch erscheint, wird ein Erfolg und die zahlreichen Besprechungen „beglaubigen“ sozusagen die Echtheit.
Ihre intensiven Forschungen nach Owen führen dazu, dass sie sich immer mehr in die Person des Autors hineinversetzt. Schließlich glaubt sie sogar, ihn in einer gegenüber fahrenden U-Bahn gesehen zu haben. Allmählich vermischen sich in dem Roman die Erzählungen der beiden Protagonisten: nicht mehr sie erzählt, sondern Owen. Und er erzählt von seinem elenden Leben in New York und Philadelphia. Dabei sieht er sie nun ebenfalls durch die Scheiben der Subway – getrennt nur durch ein paar Jahrzehnte ... Du mußt Dich an die Zukunft erinnern, sagt ein Freund zu ihm.
Der Roman ist ein wundervolles Wechselspiel mit unterschiedlichen Perspektiven und Zeitebenen und Fiktion und Wirklichkeit. Er besteht aus einem Puzzle aus kleinen und kleinsten meist humorvollen Episoden, die vor allem die Momente des Schreibprozesses der Autorin im Alltag mit ihrer Familie betreffen. „Ein horizontaler Roman“ soll es werden, sagt die Autorin an einer Stelle, „vertikal erzählt. Ein Roman, der von außen geschrieben werden muß, damit man ihn von innen heraus lesen kann.“
Viel Vergnügen!
Klaus Küpper, BzL
Dagmar Ploetz wurde am 12.9.1946 in Herrsching geboren. Sie hat Germanistik und Romanistik in München studiert und als Journalistin und Lektorin gearbeitet. Sie ist Übersetzerin aus dem Spanischen und hat für ihre Arbeit mehrere Preise erhalten. Zu ihren Übersetzungen lateinamerikanischer Literatur gehören u. a. Werke von Isabel Allende, Gabriel García Márquez, Valeria Luiselli, Rodolfo Fogwill, Juan Rulfo und Gioconda Belli. Dagmar Ploetz lebt in München.
Die Autorin:
Valeria Luiselli, geboren am 16.8.1983 in Mexiko City, schreibt für Magazine und Zeitungen wie Letras Libres und die New York Times. Sie hat für das New York City Ballet Libretti und den Essay-Band Papeles falsos geschrieben, der von der Kritik hoch gelobt wurde und auch in deutscher Übersetzung (Falsche Papiere) vorliegt. Ihr Romandebüt Los ingrávidos (dt. Die Schwerelosen) wurde mit dem LA Times Art Seidenbaum Award for First Fiction ausgezeichnet und ist in viele Sprachen übersetzt worden. Sie arbeitet als Lektorin, Journalistin und Dozentin und lebt in New York.
(Foto: © Dan Callister)
Titel:
Die Geschichte meiner Zähne
Die Schwerelosen
Falsche Papiere
(Foto: © Dan Callister)
Titel:
Die Geschichte meiner Zähne
Die Schwerelosen
Falsche Papiere