Schön, Georg: Somos viento (Wir sind der Wind)

Globalisierte Bewegungswelten in Lateinamerika
Münster: Unrast, 2008. 196 S., br., 16,00 €.
978-3-89771-033-7
Der Fokus dieser empirisch-theoretischen Studie liegt auf Netzwerkprozessen von sozialen AkteurInnen in Lateinamerika, insbesondere basisdemokratische und jenseits von staatlichen Institutionen sich verortende Bewegungen. Schön stellt verschiedene Methoden der Bewegungsforschung vor. So hebt der auf die Cultural Studies zurückgehende Ansatz der 'Cultural Politics' auf die Bedeutungen produzierende Dimension sozialer Kämpfe ab: dabei geht es nicht nur um knappe ökonomische Ressourcen oder politische Teilhabe, sondern auch um gesellschaftliche Definitionsmacht. Kulturell-politische Projekte neuer sozialer Bewegungen in Lateinamerika entstehen, so Schön, oft aus existenzieller Bedrohung, und sie sind zugleich lokal verwurzelt und transnational vernetzt. Das führt er am Beispiel der lokalen mexikanischen Protestbewegung CECOP gegen Wasserprivatisierungen aus, die mit der kontinentalen Anti-Staudammbewegung vernetzt ist und sich zur Durchsetzung ihrer Anliegen das 'Scale Jumping' (Switchen zwischen lokalen, nationalen und internationalen Politikarenen) zunutze macht. Der zweite Teil widmet sich vor allem der zapatistischen Bewegung. Ausführlich wird der Bruch mit der institutionellen Linken in Mexiko und ihren Folgen geschildert. Das Festhalten der Zapatistas an ihrer basisdemokratischen und antiparlamentarischen Ausrichtung bewertet der Autor anders als viele andere politische Kommentatoren positiv als Teil einer internationalen Graswurzelrevolution. Die Kombination aktueller Theorieansätze mit konkreten Erfahrungen sozialer Bewgungen in Mexiko und anderen Ländern macht dieses Buch zu einer nicht einfachen, aber anregenden Lektüre.
Christoph Dietz, BzL