[Exil/Argentinien] Eisenstaedt, Eva: Zweimal Überleben

Von Auschwitz zu den Müttern der Plaza de Mayo. Die Geschichte der Sara Rus.
Aus dem Spanischen von Regina Malke Schmiedeberg
Wien: Mandelbaum, 2010. 147 S., englbr., 15,00 €
978-3-85476-345-1
In dem Buch erzählt die argentinische Pädagogin und Autorin Eva Eisenstaedt vom Leben der polnisch-argentinischen Jüdin Sara Rus. 1927 in Lodz geboren, wurde sie im Juli 1944 nach Auschwitz deportiert. Als Zwangsarbeiterin überlebte sie das Grauen und emigrierte 1948 nach Argentinien. Am 15. Juli 1977 griff staatlicher Terror erneut brutal in ihr Leben ein: An diesem Tag „verschwand" ihr Sohn Daniel. In den folgenden Monaten und Jahren wandten sich Sara Rus und ihr Mann Bernardo vergeblich an alle erdenklichen Stellen, um etwas über sein Schicksal zu erfahren. Sie schlossen sich den „Müttern der Plaza de Mayo" an, wo sie Menschen fanden, denen das Gleiche widerfahren war. Bernardo starb 1984, Sara ist bis heute bei den Müttern aktiv, gründete auch den „Verband der Angehörigen der verschwundenen Juden in Argentinien". Unter den Juden und Jüdinnen war der Anteil der Verschwundenen zwölfmal höher als in der Gesamtbevölkerung Argentiniens.
Eva Eisenstaedt erzählt die Geschichte nicht chronologisch, sondern als Collage. Erinnerungen Saras an Ghetto und Konzentrationslager, Befreiung und Emigration wechseln sich mit Momentaufnahmen ihrer Suche nach Daniel, Briefen und Berichten von Gedenkveranstaltungen ab. Selbst jüdischer Herkunft und Tochter einer Familie, der 1936/37 aus Deutschland nach Argentinien floh, reflektiert die Autorin über die Folgen der erlittenen Traumata und die Funktion der Erinnerung. So entstand ein spannendes Portrait einer kämpferischen Frau, die trotz des erlittenen Horrors die Freude am Leben nicht verloren hat.
Gert Eisenbürger, BzL