[Brasilien] Wied-Neuwied, Maximilian Prinz zu: Reise nach Brasilien in den Jahren 1815 bis 1817

Mit den vollständigen Ilustrationen aus den Originalbänden im Berliner Naturkundemuseum.
Mit einem die Expedition und die Publikation erläuternden Nachwort von Matthias Glaubrecht.
Berlin: Die Andere Bibliothek, 2015. 605 S., ca. 150 Abb., Folioband, Geprägter Satinabezug, SU, Fadenheftung, Lesebändchen, 89,00 €; ab 1.1.2016 99,00 €.
978-3-8477-0017-3
Anders als bei seinem großen Vorbild Alexander von Humboldt, dessen Berichte über seine Lateinamerika-Expedtionen ein großes Lesepublikum bis heute faszinieren, geriet die Brasilien-Reise des Prinzen Maximilian zu Wied aus den Jahren 1815-1817 fast völlig in Vergessenheit (dabei war der Reisebericht, der 1820/21 erschien, unmittelbar darauf ins Englische und Französische übersetzt worden).
Heute ist seine Bedeutung für die Erforschung dieses Landes, die er mit der gleichen Gründlichkeit und unter Berücksichtigung fast aller naturwissenschaftlichen Disziplinen – ganz im Geiste der Aufklärung – wie sie sein großes Vorbild Humboldt durchführte, allerdings unbestritten.
Nach der Vertreibung Napoleons erlaubte eine veränderte Politik Portugals die Einreise nach Brasilien (Brasilien wurde erst 1822 unabhängig), eine Möglichkeit, die Humboldt noch verwehrt war, weil das Gebiet von Ausländern nicht betreten werden konnte. Nicht zuletzt diese neue Erlaubnis bewog Maximilian zu Wied zu seinem Reiseziel. Von dem riesigen Gebiet wählte er die Ostküste zwischen Rio de Janeiro und dem heutigen Salvador de Bahia und reiste von dort immer wieder längere Zeit ins Landesinnere in noch völlig unerforschte Gebiete, in denen „die Stämme der Urbewohner noch in ihrer Originalität und unangefochten von den sich überall nach und nach ausbreitenden Europäern“ lebten.
Die Reiseerlebnisse und Ergebnisse der Forschungen liegen (nach der Reprint-Ausgabe von 2001) nun in einer preiswerten Pracht-Ausgabe vor und versetzen die Leser und Leserinnen mit dieser spannenden und amüsanten Lektüre in die Zeit der ersten systematischen Erkundungen eines bis dahin völlig unbekannten Landes. Maximilian zu Wied sammelte und beschrieb (und zeichnete) alles, was ihm auf seiner langen Reise begegnete: seine Aufmerksamkeit und Neugierde betraf die Landschaft mit ihrer vielfältigen und unbekannten Flora und Fauna sowie ihren Ureinwohnern, den „Wilden“ und den Sklaven mit ihren Lebensweisen und ihren Sprachen (er legte Wörterbücher mit Übersetzungen an).
Das ausführliche Nachwort von Matthias Glaubrecht, dem Direktor des Centrums für Naturkunde in Hamburg, enthält neben einem Porträt des Naturforschers eine informative Übersicht über die Reisezeugnisse die zu Wied mitbrachte und die heute verstreut in verschiedenen Sammlungen zu finden sind. Ausführlich begründet er die Bedeutung, die die Ergebnisse dieser Forschungsreise noch für heutige Zeit besitzen.
Die von Matthias Glaubrecht verantwortete Editon enthält neben dem Nachddruck des Originaltextes erstmals die vollständige graphische Dokumentation mit sämtllichen 134 Originalillustrationen. Der Prachtband mit einer Vielzahl von farbigen Abbildungen besticht durch die Qualität der hervorragenden Reproduktionen und macht die Lektüre der Reisen und der Forschungberichte zu einem wahren Lesevergnügen.
„Wer zwei Hosen hat, mache eine zu Geld und schaffe sich dieses Buch an.“ (Lichtenberg)
Klaus Küpper, BzL