Mars, Kettly: Wilde Zeiten

[Roman] Aus dem Französischen von Ingeborg Schmutte.
Kehl: litradukt, 2012. 214 S., br., 13,80 €.
O: Saisons sauvages. 2010.
978-3-940435-10-1
Der Roman spielt zu Beginn der 60er Jahre. François Duvalier, genannt Papa Doc, der Diktator Haitis, steht kurz vor seiner (Selbst)Ernennung zum Präsidenten auf Lebenszeit. Er regiert das Land mit Hilfe seiner paramilitärischen Truppe, den totons macoutes mit brutaler Gewalt.
Mitglieder dieser gefürchteten Organisation waren es vermutlich auch, die Daniel Leroy auf offener Straße in einen Wagen zerrten und mit unbekanntem Ziel davonfuhren. Vermutlich ist er im Fort Dimanche, ein Gefängnis, das die Gefangenen gewöhnlich nur als Leiche wieder verlassen. Seine Frau Nirvah sucht in ihrer Verzweiflung den gefürchteten Staatssekretär Raoul Vincent auf, um Gewissheit über das Schicksal ihres Mannes zu erfahren. Das zufällig gefundene Tagebuch von Daniel steigert ihre Angst zusätzlich. Von der heimlichen Arbeit ihres Mannes im Widerstand hatte sie keine Kenntnis.
Kettly Mars entfaltet nun im Fortgang des Romans das zynisches Spiel des mächtigen Repräsentanten der Regierung mit der Verzweiflung der hilfesuchenden Mutter und Ehefrau. Allmählich wird Nirvah klar, dass Vincent alles daransetzen wird, sie sich gefügig zu machen und seinen immer offener gezeigten sexuellen Vorlieben unterzuordnen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht. Nur die Nachbarinnen werden misstrauisch als plötzlich die staubige Straße einen neuen Belag erhält, ein neues Auto vor der Tür steht und die Besuche des Staatssekretärs immer häufiger werden. Doch das Schicksal von Daniel kann Nirvah nicht klären. Ihr wird klar, dass sie sich umsonst mit der Macht arrangiert und dafür einen hohen Preis entrichtet hat. Die Situation eskaliert schließlich als Nirvah feststellen muss, dass Vincent auch mit ihrer Tochter eine sexuelle Beziehung angefangen hat ...
Ein kleines, ungemein spannendes Meisterwerk.
Klaus Küpper, BzL
Ingeborg Schmutte, geboren 1930 in Starnberg, studierte Romanistik, Germanistik und Anglistik in Tübingen, Toulouse und Paris. Sie war
Gymnasiallehrerin
und leitete von 1988 bis 1992 das Deutsche Pädagogische Seminar in Buenos Aires. Sie übersetzte zahlreiche belletristischer Werke und Sachbücher aus dem Französischen und Spanischen, darunter u. a. drei Werke von Kettly Mars aus Haiti.
Die Autorin:
Kettly [Pierre] Mars, wurde am 3. September 1958 in Port-au-Prince/Haiti geboren.
Bekannt wurde sie zunächst durch ihre Lyrik. Als Prosaautorin machte sie sich durch die Romane Kasalé (2003) und L'heure hybride (2005) einen Namen und erhielt mehrere renomierte Auszeichnungen für ihr Werk. Das Zweideutig-Unbestimmte, das in diesem Titel zum Ausdruck kommt, kennzeichnet auch ihren 2008 erschienenen Roman Fado.
Kettly Mars spielt eine wichtige Rolle im Kulturleben Haitis; Sie ist Mitglied der Jury des Prix Henry Deschamps. In Deutschland wurde sie u. a. durch ihren Artikel über das Erdbeben in Haiti bekannt (»Ich habe überlebt«, in: DIE ZEIT vom 21.1.2010).
(Photo: © Philippe Bernard)
Titel:
Kasalé
Die zwielichtige Stunde
Ich bin am Leben
Vor dem Verdursten
Wilde Zeiten
Fado
Der Engel des Patriarchen

Bekannt wurde sie zunächst durch ihre Lyrik. Als Prosaautorin machte sie sich durch die Romane Kasalé (2003) und L'heure hybride (2005) einen Namen und erhielt mehrere renomierte Auszeichnungen für ihr Werk. Das Zweideutig-Unbestimmte, das in diesem Titel zum Ausdruck kommt, kennzeichnet auch ihren 2008 erschienenen Roman Fado.
Kettly Mars spielt eine wichtige Rolle im Kulturleben Haitis; Sie ist Mitglied der Jury des Prix Henry Deschamps. In Deutschland wurde sie u. a. durch ihren Artikel über das Erdbeben in Haiti bekannt (»Ich habe überlebt«, in: DIE ZEIT vom 21.1.2010).
(Photo: © Philippe Bernard)
Titel:
Kasalé
Die zwielichtige Stunde
Ich bin am Leben
Vor dem Verdursten
Wilde Zeiten
Fado
Der Engel des Patriarchen