Lahens, Yanick: Tanz der Ahnen

Roman. Aus dem Französischen von Jutta Himmelreich.
Zürich: Rotpunktverlag, 2011. Sonderausgabe. 160 S., br., 15,00 €.
O: Dans la maison du père.
978-3-85869-454-6
1942. Die dreizehnjährige Alice Bienaimé tanzt nach einer Ragtime-Melodie, die aus dem Trichter des Grammophons ertönt. Als sie den Rhythmus wechselt und sich nach der anderen Musik bewegt, die sie vor einiger Zeit gehört hat, kommt ihr Vater voller Wut auf sie zu und ohrfeigt sie. Es paßt nicht in sein Bild vom fortwährenden sozialen Aufstieg der Familie, daß seine Tochter nach Klängen traditioneller, aus den afrikanischen Wurzeln sich speisender Volksmusik tanzt. 1934, im Jahr des Abzugs der US-Amerikaner, beginnt der Roman mit den Erinnerungen Alices an ihre wohl behütete Kindheit, an die Erzählungen von Man Bo, der alten Haushälterin und an die ersten Erlebnissen in der Schule. Sie lauscht den Gesprächen der Erwachsenen über die bis heute prägenden politischen Ereignisse jener Zeit (u.a. das Massaker an 30.000 haitianischen Landarbeitern). Alice erhält Tanzunterricht, lernt durch ihren Onkel Héraclès die afrikanischen Tänze kennen und nimmt an den geheimen Ritualen teil. Hier beginnt die Ablösung von der Familie und gegen die Wünsche ihres Vaters beginnt sie 1948 eine Karriere als Tänzerin in New York. Ein wichtiger Roman über die Emanzipation der Protagonistin mit Hilfe des Tanzes und gegen den den latenten Rassismus und die Abwertung der afrikanischen Herkunft in Haiti. Unbedingt lesen!
Klaus Küpper, BzL
Die Autorin:
Yanick Lahens, geboren 1953 in Port-au-Prince, gehört zu den wichtigsten Gegenwartsautorinnen Haitis. Angeregt durch ihre Großmutter interessierte sie sich früh für die traditionelle Kultur das Landes. Sie studierte Literaturwissenschaften an der Sorbonne. Zurück in Haiti lehrte sie an der Ecole normale supérieure und setzte sich für die kreolische Sprache im Bildungswesen ein. Sie ist Mitbegründerin der Zeitschrift Chemins critiques. Zu ihren bekanntesten und ins Deutsche übersetzten Werke gehören die Romane „Tanz der Ahnen“, Morgenröte“ und der Bericht über das Erbeben 2010 unter dem Titel „Und plötzlich tut sich der Boden auf“.
(Foto: © David Ignaszewski)
Titel:
Sanfte Debakel
Tanz der Ahnen
Morgenröte
Und plötzlich tut sich der Boden auf