Almada, Selva: Sengender Wind

Roman. Aus dem Spanischen von Christian Hansen.
Berlin: Berenberg, 2016. 124 S., HLn., fadengeheftet, 20,00 €.
O: El viento que arrasa. Buenos Aires 2012.
Konzeption/Gestaltung: Antje Haack.
978-3-946334-04-0
Gringo Brauer lebt schon seit zehn Jahren mit seinem scheuen Gehilfen Tapioca auf dem Schrottplatz in der heißen und staubigen Einöde der argentinischen Pampa. Reverend Pearson hat Glück im Unglück, als er mit seiner schlechtgelaunten Tochter Leni und seinem maroden Wagen bei dem mürrischen Mechaniker landet. Der Prediger wird seine Missionsreise wegen einer Reparatur notgedrungen unterbrechen müssen und nutzt daher die Zeit, um seinen Gastgeber vom Himmelreich zu überzeugen. Brauer nervt das Geschwafel, während der naive Tapioco neugierig wird. Seine Mutter hatte ihn im Alter von neun Jahren mit dem Bemerken „es ist Dein Sohn“ bei dem Mechaniker abgegeben – und seitdem lebt er bei Brauer. Pearson zieht nun schon seit zehn Jahren als Prediger mit seiner Tochter übers Land. Der Mutter hatte er damals den Koffer vor die Füsse gestellt und war mit Leni auf und davon. Seither gibt er sich als verwitweter Pastor aus und genießt sein Ansehen als „guter Mann“. Tapioca bleibt skeptisch, wenn der Referent ihm vom Himmelreich erzählt und dass dort auch für die Hunde Platz genug sei. „Das mit dem Himmelreich besprechen wir später“, meint sein Vater, „jetzt muss Du mir hier helfen“ und verweist auf das Auto des Predigers. Es passt ihm nicht, dass Pearson dem Jungen Flöhe ins Ohr setzt. „Er braucht keinen dahergelaufenen Johannes den Täufer mit Marketendergeschwätz, der ihm was vom Ende der Welt und dem ganzen Blödsinn erzählt“, beschwert er sich bei dem Prediger. Doch der sieht ihn Tapioca, „rein wie ein Neugeborenes“, schon den, der er nicht sein konnte, ein Mann mit großartiger Zukunft. Das Auto ist repariert aber ein Unwetter verzögert die Abfahrt und bietet Zeit für den Austausch von Erinnerungen. Und weil Pearson darauf besteht, den Jungen mitzunehmen, prügeln die beiden Alten sich schließlich in dem Schlamm, den das Unwetter der Nacht zurückgelassen hat ...
Selva Almada hat ein wunderbares heiteres Stück Prosa geschrieben, amüsant zu lesen und spannend bis zum Schluss.
Klaus Küpper, BzL
Christian Hansen wurde 1962 in Köln geboren und studierte allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft in Berlin. Sein Handwerk als Übersetzer lernte er in der praktische Ausbildung als Redakteur bei der deutschsprachigen Ausgabe von Le Monde diplomatique und in der Berliner Übersetzerwerkstatt. Hansen übersetzt aus dem Spanischen. Er hat bisher u.a. Werke von Roberto Bolaño, Julio Cortázar, Alan Pauls und Sergio Pitol übersetzt. Bekannt wurde er durch seine preisgekrönte Übersetzung von Bolaños Roman „2666“; 2014 erhielt er den Europäischen Übersetzerpreis.
Die Autorin:
Selva Almada, geboren 1973 in Entre Ríos, Argentinien, lebt in Buenos Aires. Sie hat Erzählungen und Gedichte verfasst, vor allem in Anthologien und Zeitschriften. Ein kurzer Prosatext wurde ins Deutsche übersetzt („Der Anruf“) und erschien 2010 in der Anthologie „Die Nacht des Kometen“. „Sengender Wind“, ihr erster Roman, wurde in ihrer Heimat von der Kritik gefeiert und als eines der besten Bücher des Jahres 2012 ausgezeichnet.
Titel:
Kein Fluss
Sengender Wind